ADHS - Medikamente und deren Wirkung
Therapeutische Möglichkeiten
I. Mittel der ersten Wahl
Stimulanzien / Methylphenidat
- Seit über 60 Jahren erfolgreich in der KJP angewandt.
- Von 1966 bis 2005 fanden sich bei Medline 687 Studien zu MPH, die die gute Wirksamkeit und Verträglichkeit belegen! (Ammer 2006)
- Nach ersten Berichten über die Wirksamkeit von MPH bei Erwachsenen mit ADHS von Hill aus dem Jahr 1947 gibt es inzwischen zahlreiche Studien und Metaanalysen, die dies bestätigen.
- Fast alle einschlägigen Leitlinien empfehlen den Einsatz von MPH als Mittel der 1. Wahl einer pharmakologischen Therapie!
(Leitlinie ADHS im Erwachsenenalter 2003, EU-guideline 2004, Bundesärztekammer 2005, NICE-guideline 2010, DIMDI 2009)
- Hauptsächliche Wirkung über das dopaminerge System
- Blockade des Dopamintransporter
- Freisetzung von in Granula gespeichertem Dopamin
- Hemmung der Monoaminooxidase-Aktivität
- Wirkung über das noradrenerge System
- Blockade des Noradrenalintransporter
(präfrontalen Kortex, Locus coeruleus, somatosensorische Hirnrinde)
- Wirkung auf Azethylcholin- und Histaminausschüttung


Metaanalysen zur Wirksamkeit von Methylphenidat bei adulter ADHS
- Faraone et al. 2004 (6 Studien)
- Kösters et al. 2008 (16 Studien)
- Meszaros et al. 2009 (11 Studien)
- Castells et al. 2011 (18 Studien)
EMMA-Studie

FAZIT
- Medikinet® adult ist beit erwachsenen ADHS Patentien langfristig wirksam
- Bei 79,3% der Patienten im Verum-Arm ergab die umfassende Beurteilung eine gute oder sehr gute Verträglichkeit
- Die systolischen und diastolischen Blutdruckwerte waren nach 24 Wochen Therapie nicht signifikant gegenüber dem Ausgangswert erhöht
- EMMA ist eine der bislang längsten und größten klinischen Studien zur Anwendung von Methylphenidat bei ADHS im Erwachsenenalter (6 Monate, n = 363)
QUMEA-Studie

FAZIT
- Mit Medikinet® adult wird die ADHS-Symptomatik signifikant verbessert (Basis: validierte Skalen im Arzt- und Patientenurteil)
- Gute Verträglichkeit der gewichtsadaptierten Tagesdosis Medikinet® adult
- Keine schweren, unerwünschten Wirkungen im Zusammenhang mit der Studienmedikation
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Atomoxetin (Strattera)
- Selektiver Noradrenalinwiederaufnahmehemmer.
- Zugelassen für ADHS im Kindes- und Jugendalter und zur Weiterbehandlung im Erwachsenenalter.
- Wirksamkeit in zahlreichen Studien bewiesen. (Spencer et al. 1998, Michelson 2003)
- Besonders wirksam bei Schwerpunkt Impulsivität und komorbider depressiver Symptomatik.
- Scheinbar kein Missbrauchspotential, kein Betäubungsmittel.
Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer / Atomoxetin


Double-blind placebo-controlled studies zu ATX bei adulter ADHS
- Michelson et al. 2003 (10 Wochen / 536 Patienten)
- Reimherr et al. 2005 (10 Wochen / 144 Patienten)
- Adler et al. 2005 (36 Wochen / 384 Patienten)
- Adler et al. 2009 (26 Wochen / 501 Patienten)
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II. Mittel der zweiten Wahl
Trizyklische Antidepressiva
- Wirken überwiegend über einen kombinierten noradrenergen und serotonergen Wirkmechanismus.
- Die meisten/besten Daten existieren zu Desipramin und Imipramin.
- Aber – ungünstiges Nebenwirkungsprofil.
Selektive Serotoninwiederaufnahmehemmer
- Ohne direkten positiven Effekt auf Symptome eines ADHS!
- Cave: Citalopram scheint Aktivität der DAT sogar zu verstärken
Venlafaxin (Trevilor)
- Kombinierter Noradrenalin- und Serotoninwiederaufnahmehemmer. (und Dopaminwiederaufnahmehemmer!)
- Zugelassen als Antidepressivum und bei Angststörungen.
- Wirksamkeit bei ADHS in zahlreichen Studien belegt. (Adler et al. 1995, Hornig-Rohan 2002)
- Aber – deutliche Nebenwirkungen (Dosierungen bis 325 mg/d!).
- Tipp: Venlafaxin 150 mg plus eine "Brise" Methylphenidat (20 mg/d).
Bupropion
- (indirekter Dopamin- und Noradrenalinagonist, erhöht die noradrenerge Bioverfügbarkeit)
- offene und kontrollierte Studien zeigten Wirksamkeit - aber schlechter als Methylphenidat (Barrickman et al. 1995, Conners et al. 1999)
- Alternative bei komorbider bipolarer Störung und bei Doppeldiagnose ADHS und Sucht (Wilens et al. 2003, Solhkah et al. 2005)
Buspiron
- kompletter Agonist präsynaptischer 5-HAT-1a-Rezeptoren
partieller Agonist postsynaptischer 5-HAT-1a-Rezeptoren
blockiert präsynaptische Dopaminrezeptoren
partieller Agonist alpha-adrenerger Rezeptoren
- offene Studien zeigten Wirksamkeit bei reinen ADHS, ADHS mit Störung des Sozialverhalten und ADHS mit zusätzlicher emotionaler Störung
- ! Immerhin Ansprechraten von 70 – 90% bei geringer Nebenwirkungsrate !
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III. Therapeutische (Un)-Möglichkeiten
Clonidin
präsynaptischer alpha-adrenerger Agonist – vermindert Noradrenalinausschüttung aus dem Nucleus coeruleus
Betablocker
beeinflussen das adrenerge System und die Dopaminfreisetzung
Levodopa und Dopaminagonisten
IV. Therapeutische (komplementäre) Möglichkeiten
Magnesium
Kontrollierte und offene Studien zeigen positive Wirkung auf hyperkinetisches Verhalten. (Mousin-Bosc et al. 2004, Starobrat-Hermelin 1997)
Zinksalze
Zink scheint mit Unaufmerksamkeit zu korrelieren. (Arnold et al. 2005, Bilici et al. 2004)
Fettsäuren
- Erhöhung gesättigter und eine gleichzeitige Reduktion vielfach ungesättigter Fettsäuren bei Kindern mit ADHS. (Häßler et al. 2007)
- Resultate uneinheitlich!
- Wenn Effekte dann nur bei hoher Konzentration. (400mg Fischöl + 100mg Nachtkerzenöl, 6 Kapseln pro Tag)
- Effektstärken lagen bei 50% der von Methylphenidat. (Richardson et al. 2005)
Diät ohne Nahrungsmittelzusätze
- Randomisierte, doppel-blinde, placebo-kontrollierte Crossover-Studie (McCann et al., Lancet, 2007)
- Negative Effekte von Farbstoffen auf Hyperaktivitätswert
Eliminationsdiät / oligoantigene Diät
- Randomisierte Kontrollgruppenstudie mit einer offenen und einer nachfolgenden doppelblinden Crossover-Phase (Pelsser et al., Lancet, 2011)
- Deutliche Verminderung der ADHS-Symptomatik während der Elimination

Neurofeedback
- Kurzfristige Effekte entsprachen in mehreren kontrollierten Studien denen von MPH.
- Signifikante Reduktion von Unaufmerksamkeit, Impulsivität und Hyperaktivität.
- Normalisierung des Spontan-EEG (Theta-Beta-Ratio). (Holtmann 2008)
- Metaanalyse von 15 Studien an mehr als 1000 Patienten.
- Deutliche Verminderung der ADHS-Symptomatik. (Arns 2009)
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V. Kombinationen bei ADHS und komorbiden Störungen
(eigene Erfahrungen / Krause 2005)
Depression und Angst: |
Venlafaxin |
75 – 150 mg/d |
Borderline-PS: |
Fluoxetin |
20 – 40 mg/d |
Angststörungen: |
Buspiron |
10 – 20 mg/d |
Depression mit Reizoffenheit: |
Amisulpirid |
50 – 100 mg/d |
Zwangssymptomatik: |
Sertralin |
50 – 100 mg/d |
Psychotische Symptome: |
Taxilan, Risperidon |
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